Tag 10: An diesem Morgen strahlt wieder die Sonne. Schon die Nacht war so mild, dass wir die Heizung auslassen konnten. Es ist der Tag der RV17, der Küstenstraße. Wir haben uns für die Küstenstraße entschieden, weil wir zum Ersten nicht beide Male über die E6 durch den schmalen Gürtel von Nord-Trøndelag und Nordland fahren wollen, weil wir zum Zweiten ohnehin ab Bodø auf die Lofoten übersetzen wollen und weil zum Dritten die Küstenstraße überall als eine der schönsten Straßen in Norwegen angepriesen wird.
Das Problem ist allerdings, dass für die Strecke laut sämtlicher Reiseliteratur mindestens 3 Tage einzuplanen sind. Wir haben aber bei dieser ehrgeizigen Planung nur zwei Tage zur Verfügung. Auf den ersten Blick sollte die Strecke von nur 650km auch in zwei Tagen ohne große Probleme zu schaffen sein. Auf den zweiten Blick darf man dabei aber die vielen Fährverbindungen nicht unterschätzen. Die kosten, auch wenn man pünktlich am Anleger ist, richtig viel Zeit.
Und genau an diesem Punkt passte das erste und einzige Mal die Planung nicht. Ursprünglich war eine Übernachtung auf halber Strecke auf der Insel Alsta geplant. Während der Fahrt wird jedoch deutlich, dass wir am nächsten Tag die Fähre in Bodø nur mit Mühen rechtzeitig erreichen würden. So wird dieses Teilstück zur zeitlich längsten Etappe durch Norwegen — was jedoch im Rückblick eine gute Entscheidung war.
Aber fangen wir mal am Anfang an. Der Campingplatz liegt direkt an der ersten Fährverbindung von Flakk nach Rørvik. Es ist eine Fähre, die mit AutoPASS bezahlt wird. Da Touristen keinen Transmitter erhalten, sollte man auf jeden Fall die Bestätigung für AutoPASS bei der Hand haben, sonst zahlt man doppelt.
Vom Fähranleger in Rørvik geht es rechts nach Nordosten auf die 715. Wenn die Straße die Küstenlinie verlässt, biegen wir nach etwa 5 km rechts in die FV82 ab. Am Ende dieser Straße biegen wir wieder nach rechts auf die 720 ab, der wir bis zu ihrem Ende folgen. Dort steht das Schild: links Namsos, rechts Steinkjer. Wir haben die Küstenstraße erreicht.
Es dauert allerdings noch einige Kilometer, bis die Straße ihren Namen auch wirklich verdient hat. Die Landschaften entlang dieser RV17 wechseln ständig, das Blau des Himmels und das Blau des Meeres wetteifern um den schönsten Farbton und man kann sich einfach nicht satt sehen. Die Wartezeit an der zweiten Fähre von Holm nach Vennesund ist relativ kurz. An der dritten Fähre von Horn nach Andalsvågen beträgt die Wartezeit jedoch über eine Stunde. Wir vertreten uns also bei einem entspannten Spaziergang die Beine.
Mittags klettert das Thermometer auf 22 Grad — und das nur wenige Kilometer südlich des Polarkreises. Nachdem wir mit der vierten Fähre von Forvik nach Tjøtta übergesetzt sind, haben wir das ursprüngliche Tagesziel, die Insel Alsta, erreicht. Es ist allerdings schon 19 Uhr. Wir sind also 10 Stunden unterwegs. Wenn wir die gleiche Fahrzeit für die zweite Hälfte der Küstenstraße bis Bodø einrechnen, müssen wir am Folgetag um 5 Uhr aufstehen und um spätestens 6 Uhr auf der Straße sein, damit die Fähre um 16:30 Uhr sicher erreicht werden kann.
Da wir uns noch fit fühlen — wir haben ja viel Wartezeit und Pausen auf den Fähren gehabt — und weil wir von der Landschaft einfach nicht genug bekommen können, beschließen wir spontan noch eine weitere Fähre zu nehmen: die von Levang nach Nesna. Über die RV17 kommen wir auf der Insel Alsta ein weiteres Mal an den „Sieben Schwestern“ vorbei. Hier heißt eine Bergformation aus sieben Bergen genauso wie die Wasserfälle am Geirangerfjord. Ein Stückchen weiter fahren wir über die Helgelandsbrua wieder auf das Festland. Die Fähre ab Levang erreichen wir schon um 19:30 Uhr. Leider fährt die nächste Fähre erst um kurz nach 21 Uhr. Das wussten wir vorher… die ideale Gelegenheit Abendessen zu kochen und in der Dämmerung die Vögel zu beobachten. Es ist noch herrlich mild.
Um 21:30 Uhr sitzen wir auf der Fähre und überlegen, wie weit wir denn überhaupt noch fahren wollen. Bis zum nächsten Hafen sind es noch 90 km. Wir beschließen, das Wohnmobil noch ein wenig rollen zu lassen und einfach den nächsten Parkplatz anzufahren, sollte uns die Müdigkeit einholen.
Das ist in mehrfacher Hinsicht eine Entscheidung, die wir nie bereuen werden. Zum einen beschert uns die Dämmerung bei klarem Himmel noch einige wunderschöne Blicke auf die Küstenlinien, zum anderen (und das ist das coolste) sehen wir erstmals eine Elchkuh in freier Wildbahn. Sie steht 3 m neben der Straße und glotzt uns an, als wir neben ihr anhalten. Irgendwann wird ihr die Situation dann wohl doch ungeheuer und sie verschwindet zwischen den nahe stehenden Bäumen. Leider ist die Kamera nicht schnell genug einsatzbereit.
Gegen 23 Uhr erreichen wir Kilboghamn und übernachten auf einem Parkplatz einen halben Kilometer vor dem Fähranleger. Auf diese Art lässt sich die Abfahrt am folgenden Tag wunderbar planen, wir haben ja den Fahrplan der Fähre dabei.
Eines ist sicher: die RV17 ist definitiv eine der schönsten Straßen in Norwegen…
Der Tag in Fakten:
Distanz: | 527 km |
Schnitt: | 35 km/h |
Anzahl der Fähren: | 5 |
Kosten für die Fähren: |
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Ziel-Campingplatz: | Parkplatz: N66° 29.211 E13° 14.310 |